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Barrierefreiheit in der Schule: Wie Sie mit der Planung Inklusion fördern 

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes leben zurzeit rund 7,8 Millionen Menschen in Deutschland, die eine schwere Behinderung haben. Eine durchdachte, barrierefreie und inklusive Gestaltung öffentlicher Gebäude lässt sich trotz dieser Zahl noch immer nicht überall feststellen. Besonders in Schulen gibt es Nachholbedarf. In diesem Artikel erfahren Sie, worauf Sie im barrierefreien Schulbau achten sollten.

Inklusive Schulen ermöglichen allen SchülerInnen, LehrerInnen und BesucherInnen die Teilhabe am gemeinschaftlichen Lernen. Grundlage ist es, dass junge Menschen gemeinsam lernen – unabhängig von ihrem Gesundheitszustand und Lernniveau. Die Situation in Deutschland ist diesbezüglich allerdings prekär: Nur 15 Prozent der SchülerInnen mit sonderpädagogischem Bedarf werden in weiterführenden Schulen inklusiv unterrichtet. Mit einer barrierefreien Gestaltung von Schulen fördern Sie als Planende in der Architektur auch körperlich eingeschränkte junge Menschen in einem möglichst selbstbestimmten Alltag.

Barrierefreiheit in der Schule: Vorschriften und Richtlinien

Verbindliche Richtlinien zum barrierefreien Schulbau gibt es bislang nicht. Lediglich die DIN 18040, die die barrierefreie Gestaltung öffentlicher Gebäude regelt, bietet grundlegende Informationen. Die Ausstattung und Planung einer barrierefreien Schule richtet sich zudem idealerweise nach der UN-Behindertenrechtskonvention. Diese beinhaltet Richtlinien zu unterschiedlichen Lebensbereichen eingeschränkter Menschen. Orientierung bei der Gestaltung einer barrierefreien Schule finden Sie als Planende im Zwei-Sinne-Prinzip. Dieses geht auf die Bedürfnisse von Personen mit Seheinschränkungen ein. Die Umsetzung eines barrierefreien, inklusiven Schulkonzeptes ist allerdings sehr komplex. Daher ist es einfacher, barrierefreie Maßnahmen bei einem Schulneubau zu berücksichtigen, als diese nachträglich bei einer bestehenden Schule umzusetzen. Neben der barrierefreien Gestaltung eines Schulneubaus ist zudem der Brandschutz zu beachten.

Welche Bereiche sind bei einem barrierefreien Schulbau zu berücksichtigen?  

•    Türen
•    Sanitärräume 
•    Flure
•    Unterrichtsräume
•    Aufzüge 
•    Außenanlagen
•    Gebäudezugänge
•    Funktionselemente erreichbar platzieren 
•    Bewegungsräume 
•    Begegnungsflächen 
•    Hinweisschilder
•    Farbliche Gestaltung 
•    Parkplätze
•    Schulhof
•    Spielplätze
•    Versammlungsräume
•    Aufenthaltsbereiche
•    Rollstuhlabstellplatz
•    Foyer 
•    Beleuchtung

Barrierefreie Schule: Türen für alle barrierefrei zugänglich machen 

Barrierefreiheit im Gebäude beginnt bereits an der Tür. Hat diese eine hohe Türschwelle, die den Zugang mit einem Rollstuhl erschwert oder gar unmöglich macht, ist schon am Eingang eine Barriere vorhanden, die schwer zu überwinden ist. Auch bei der Installation eines Türdrückers sowie der Auswahl eines geeigneten Modells kommen Hindernisse auf. Ist dieser nicht erreichbar oder lässt sich nur schwer bedienen, ist er nicht barrierefrei. Die Form, die Bedienhöhe und die Bedienkräfte eines barrierefreien Türdrückers sind durch die DIN 18040 festgelegt. Zudem ist es nach der DIN 18040 notwendig, dass barrierefreie Türen eine Breite von mindestens 90 cm haben. Für die rollstuhlgerechte Gestaltung einer Tür ist zu beachten, dass ein seitlicher Türanfahrbereich von mindestens 50 cm neben dem Türdrücker eingeplant ist. Damit RollstuhlfahrerInnen schwere Türen öffnen und schließen, schreibt die DIN 18040 eine Bedienhöhe von 85 cm vor.

Geeignete Türdrücker für die barrierefreie Schule

Für Menschen mit Seheinschränkungen sind Drückergriffe die ideale Lösung. Ihre Form ermöglicht eine flexible Greifhöhe von 75 cm bis 120 cm und bietet barrierefreien Greifkomfort. Alternativ bieten sich bei einem barrierefreien Schulbau Drücker mit einem längeren Hebel oder in U-Form an. Diese sind mit geringem Kraftaufwand bedienbar, was körperlich eingeschränkten Personen entgegenkommt. Zudem sind diese Türdrückermodelle ohne Handkontakt nutzbar, wodurch sie ein Plus an Hygiene bieten. Zum Öffnen und Schließen verwenden Nutzende den Ellenbogen.

Barrierefreier Schulbau: Panikstangen für mehr Sicherheit an der Tür

Auch die Panikstange ist eine zuverlässige barrierefreie Beschlaglösung. Sie ist mit minimalem Kraftaufwand intuitiv zu bedienen und erfüllt damit die Anforderungen der DIN EN 1125 für Panikverschlüsse. Durch die Kennzeichnung des optimalen Druckpunktes nach dem Zwei-Sinne-Prinzip erfüllt die Panikstange außerdem die Vorgaben der DIN 18040 für barrierefreies Bauen. Zudem ist sie sowohl im Sitzen als auch im Stehen leicht zu bedienen. Darüber hinaus ist die Panikstange für die Anforderungen des Feuerschutzes zertifiziert. So sichert sie den Brandschutz in Schulen.

Brandschutz auch in der barrierefreien Schule wichtig

Um den Brandschutz in Schulen weiter auszubauen, sollten Sie auf Brandschutzbeschläge zurückgreifen. Diese sichern im Ernstfall das Öffnen der Türen im Schulgebäude. Sind Türdrücker farblich gestaltet, sind sie visuell gut erkennbar. Besonders bei Seheinschränkungen ist es wichtig, dass Feuerschutzgarnituren farblich hervorstechen. So erleichtern Planende Menschen mit Seheinschränkungen das Erkennen von Türen und deren Funktionselemente. Die Brandschutzbeschläge benötigen nach Anforderungen der DIN 18273 die Klasse B1 oder D1, um feuerbeständig zu sein. Dadurch sorgen sie auch im Brandfall dafür, dass das Öffnen und Schließen einer Tür möglich ist und keine relevanten Teile des Drückers schmelzen.

Barrierefreie Sanitärräume in Schulen sind ein Muss 

Ein weiterer wichtiger Aspekt beim barrierefreien Schulbau sind barrierefreie Sanitärbereiche. Damit Rollstuhl- und RollatornutzerInnen sowie Personen mit eingeschränkter Sehfähigkeit optimal nutzen, gibt es Einiges zu beachten. Auch hier helfen die Vorgaben der DIN 18040-1 bei der Gestaltung.

  • Die Richtlinien der DIN 18040-1 besagen, dass:
  • vor allen Objekten eine Bewegungsfläche von 150 x 150 cm einzuplanen ist,
  • die Waschtische mindestens 55 cm unterfahrbar sind und eine Breite von 90 cm haben,
  •  Spiegel am Waschtisch sowohl im Stehen als auch im Sitzen nutzbar sind,
  • der Abstand der Waschtischarmatur maximal 40 cm zur vorderen Kante des Waschtisches betragen darf,
  • sensorgesteuerte Armaturen eine maximale Wassertemperatur von 45 Grad haben.

Außerdem muss das WC seitliche Bewegungsflächen von 90 x 70 cm aufweisen, um den Transfer für RollstuhlfahrerInnen zu erleichtern. Stützklappgriffe sind am WC in einem Abstand von 65-70 cm zueinander anzuordnen, Rückenstützen mit einem Abstand von 55 cm zur Vorderkante zu installieren. Zubehör an WC und Waschtisch muss sich in Greifnähe befinden. Zu guter Letzt ist die Nähe des WCs zu einer Notrufanlage obligatorisch.

Ideale Produkte für die Barrierefreiheit in der Schule

Im Allgemeinen ist es ideal, wenn die Produkte im Sanitärbereich intuitiv nutzbar sind und die Selbstständigkeit von Nutzenden fördern. Neben den Vorgaben der DIN 18040-1 ist ebenfalls darauf zu achten, dass der Sanitärbereich altersgerecht gestaltet ist. So ist es in einer Grundschule empfehlenswert, den Waschtisch auf einer Höhe von 65-75 cm und das WC auf einer Höhe von 35 cm zu installieren. Bei dem barrierefreien Schulbau einer weiterführenden Schule sind eine Waschtischhöhe von 75 bis 85 cm und eine WC-Höhe von 42 cm ratsam.

 

Integrative Flure in einer barrierefreien Schule

Auch der Weg von einem Klassenzimmer zum nächsten birgt für Personen mit Einschränkungen Hindernisse. Damit blinde und seheingeschränkte Menschen stets wissen, wo sie lang müssen, bieten sich Handläufe an. Diese weisen den Weg durch die barrierefreie Schule und bieten in Paniksituationen Orientierung. Hinweisschilder mit der Ortsprägung in Blindenschrift, die an den Enden der Handläufe befestigt werden können, bieten Personen mit Seheinschränkungen eine weitere Führungshilfe. So erkennen sie jederzeit ohne fremde Hilfe, wo sie sich befinden. Sie stützen zudem beim Gehen, wenn die Mobilität eingeschränkt ist. Die Handläufe schützen darüber hinaus Wände vor Abreibungen und Stößen.

FLUCHTWEG-KONZEPT FÜR DIE BARRIEREFREIE SCHULE

Um den baulichen Brandschutz in Schulen zu unterstützen, sollten Sie Fluchtwegkonzepte bei der Planung berücksichtigen. So darf der Flur eine gewisse Mindestbreite nicht unterschreiten, um die Sicherheit im Ernstfall nicht zu gefährden. Auch die Orientierung mittels Hinweisschilder zu den Fluchtwegen ist unabdingbar. Hierbei trägt ebenfalls die farbliche Gestaltung von Böden und Wänden dazu bei, Rettungswege im Brandfall anschaulicher zu machen. Besonders bei einem barrierefreien Schulbau ist es wichtig, dass Menschen mit körperlichen Einschränkungen ebenso schnell Fluchtwege erkennen und nutzen, wie uneingeschränkte Personen. Hier ist bei der Planung darauf zu achten, dass die Fluchtwege in Schulen allen SchülerInnen und LehrerInnen zugänglich und ohne Ausnahme von diesen nutzbar sind. Damit im Brandfall alle Personen schnellstmöglich aus dem Gebäude kommen, ist auf Mobiliar in den Fluren weitestgehend zu verzichten. So wird verhindert, dass der Weg verstellt ist oder leicht entflammbare Möbel das Brandrisiko erhöhen.

öffentliches Gebäude in gelben Farben

Schulen inklusiv und barrierefrei gestalten 

Um das Lernen an einer Schule jedem Menschen zu ermöglichen, sind einige Aspekte bei der Gestaltung zu beachten. Neben den Türen und Sanitärbereichen einer barrierefreien, inklusiven Schule sind auch Bereiche wie zum Beispiel Flure, Aufzüge sowie die Unterrichtsräume gut zu durchdenken. Das allgemeine Ziel sollte es sein, neu zu planende Schulen auf die individuellen Bedürfnisse der Lernenden und Lehrenden auszurichten.

Kostenloser HEWI Planungsservice

Für Sie als ArchitektIn oder PlanerIn bieten wir eine kostenlose Unterstützung bei der Planung barrierefreier Sanitärräume – auch für Kindergärten und Schulen. Kontaktieren Sie uns gerne.

 

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