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Hygienemanagement in stationären medizinischen Einrichtungen: Das müssen Sie beachten

Hygiene ist nicht erst seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie ein wichtiges Thema für Unternehmen aus dem Gesundheitssektor. Arztpraxen, Krankenhäuser oder Altenpflegeheime sind gesetzlich dazu verpflichtet, Hygienevorschriften und -maßnahmen einzuhalten. Wie diese Institutionen ein Hygienemanagement etablieren und worauf es dabei ankommt, verrät Martin Cramer von der Schug Medical Service GmbH im Interview.

HEWI: Lieber Herr Cramer, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für dieses Interview nehmen. Stellen Sie sich bitte für unsere LeserInnen kurz vor.

MARTIN CRAMER: Gern! Mein Name ist Martin Cramer und ich bin seit 2012 als Fachbereichsleiter für Infektionsprävention Medical bei der Firma Schug Medical Service GmbH tätig. Zu meiner beruflichen Erfahrung zählt meine mehr als 20-jährige Tätigkeit in einem medizinischen Assistentenberuf. Bei Schug Medical Service GmbH bin ich verantwortlich für die Planung, Konzeption und Realisierung von Schulungskonzepten und deren Präsentation sowie die Hygieneberatung in verschiedenen Arbeitsbereichen. Darüber hinaus unterstütze ich Maßnahmen zur Infektionsprävention und begleite – beispielsweise niedergelassene Arztpraxen – bei der Umsetzung von Hygienevorgaben. Hygiene ist für mich persönlich ein stetiger Prozess, der sich nur in der Teamarbeit verbessern lässt.

HEWI: Vielen Dank für die Ausführungen, das klingt sehr spannend! Bemerken Sie denn in Ihrer Arbeit, dass das Thema Hygiene durch Corona einen Aufschwung erfahren hat?

MARTIN CRAMER: Meiner Ansicht nach hat Corona zu einer stärkeren Sensibilisierung in der gesamten Gesellschaft geführt, was das Thema Hygiene angeht. Ich muss sicherlich nicht erwähnen, dass die Pandemie eine große Auswirkung auf uns alle hatte und hat. Gesundheitseinrichtungen sind von der Pandemie aber noch stärker betroffen. Corona ist dort omnipräsent. Mit Beginn der Pandemie mussten die Institutionen Themen wie die hygienische Händedesinfektion, die Bereitstellung von FFP2-Masken, Betriebsanweisungen (Arbeitsschutzgesetz) vorantreiben und eine Gefährdungsbeurteilung durchführen. Studien zeigen aber auch, dass durch Corona die Übertragung anderer Krankheiten zurückgegangen ist – ein positiver Erfolg durch stärkere Hygienemaßnahmen. Es entstehen deutlich weniger Schmierinfektionen, etwa durch Noroviren. Sicherlich ein Effekt durch die regelmäßige Händedesinfektion.

Martin Cramer © Schug Medical Service GmbH

HEWI: Welchen Stellenwert nimmt das Thema Hygiene in Krankenhäusern, Arztpraxen & Co. zurzeit ein?

MARTIN CRAMER: Die Aufgabe von diesen Institutionen ist es, die Gesundheit des Menschen zu erhalten oder wiederherzustellen. Die Anforderungen an Hygiene sind daher über die vergangenen Jahre gewachsen. Insbesondere in der ambulanten Versorgung von PatientInnen ist dies spürbar. Viele OPs werden inzwischen ambulant durchgeführt, ein stationärer Klinikaufenthalt ist nicht mehr nötig. Dies stellt andere Anforderungen an die Hygiene. Zu berücksichtigen sind dabei beispielsweise die Bedürfnisse von immunsupprimierten Menschen, die spezielle Medikamente einnehmen müssen, die das Immunsystem stilllegen. Es kommt auch immer darauf an, welche Maßnahmen in einer Praxis durchgeführt werden. Ein künstlicher Darmausgang stellt ein potenzielles Einfallstor für Infektionen dar. Zudem ist unsere Gesellschaft älter geworden. Ältere Menschen sind anfälliger für Infektionen. Auch die Erwartungshaltung von PatientInnen spielt eine Rolle. Sie achten unter anderem in stationären medizinischen Einrichtungen sehr stark auf Sauberkeit und Hygiene. Darüber hinaus sind die gesetzlichen Anforderungen gestiegen. Viele Arztpraxen sind mit diesen Anforderungen überfordert. Mancherorts herrscht ein hohes Wissensdefizit. Meiner Erfahrung nach insbesondere im Bereich der hygienischen Händedesinfektion. Aber genau deshalb gibt es ja Firmen wie Sie und uns – wir versuchen mit unseren Möglichkeiten, den Arbeitsalltag der Menschen im Gesundheitssektor zu erleichtern und die Hygiene zu optimieren. Alles in allem lässt sich zusammenfassen, dass der Stellenwert von Hygiene sehr hoch ist.

 

HEWI: Welche Herausforderungen sind es Ihrer Meinung nach, die der Hygiene entgegenstehen?

MARTIN CRAMER: Im Gesundheitssektor kämpfen die Institutionen mit einigen Herausforderungen. Der Personalnotstand ist eine davon. Und dieser hat einen Einfluss auf die Qualität der Hygiene. Viele Mitarbeitenden im medizinischen Bereich haben ihren Job gekündigt, sodass die Arbeitsbelastung noch höher geworden ist. Und höherer Arbeitsstress führt zu Fehlern. Selbst sehr gut ausgebildetes Personal kann sich nicht von Fehlern freisprechen. Ein weiterer Faktor sind die Vorgaben, etwa seitens der Liegezeiten. PatientInnen sollen Betten möglichst kurz belegen. Gleichzeitig wurde der Pflegepersonalschlüssel nach unten korrigiert. Im stationären Bereich ist das ein großes Problem. Denn in allen medizinischen Einrichtungen geschehen Infektionen durch die Behandlungsmaßnahmen. Etwa eine nosokomiale Infektion – also eine Infektion im Krankenhaus –, durch pathogene Krankheitserreger (Bakterien) von einer Stelle im Körper in die frisch operierte Körperregion oder an Stellen, bei der künstlich geschaffene Zugänge als Eintrittspforte dienen. Harnwegsinfekte sind keine Seltenheit bei Krankenhausinfektionen, ganz im Gegenteil. Die Erreger gelangen durch den künstlich geschaffenen Zugang in die aufsteigenden Harnwege und führen dort zu Entzündungen. Ein weiterer Faktor sind die antibiotikaresistenten Keime (MRE). Darunter zu finden sind unter anderen Pseudomonas aeruginosa, Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus und Acinetobacter baumannii. Auf Intensivstationen haben diese Keime ein leichtes Spiel, da dort viele Menschen immunsuppressiv behandelt werden und ein höherer Selektionsdruck herrscht. Unter Selektionsdruck versteht man die Einwirkung eines Selektionsfaktors auf eine Population von Lebewesen. Selektionsfaktoren kann man auch als Umweltfaktoren bezeichnen, die Einfluss nehmen auf das Überleben einer Population in einer bestimmten Umwelt.

HEWI: Was sind Ihrer Erfahrung nach die häufigsten Fehler in Bezug auf die Hygiene?

MARTIN CRAMER: Das größte Defizit herrscht bei der hygienischen Händedesinfektion, wodurch sicherlich die höchste Fehlerquote in Sachen Hygiene entsteht. Viele der Fehler oder Defizite lassen sich aber anhand des bereits angesprochenen Personalnotstands erklären. Oftmals mangelt es allerdings auch an der Strukturqualität. Also an baulichen Voraussetzungen, um Hygiene ordnungsgemäß durchführen zu können. Die Fehler variieren je nach Art der Einrichtung. Händedesinfektion betrifft alle, Personalnotstand eher stationäre Einrichtungen. Manchmal scheitert es dann schon aber an einfachsten Dingen, etwa an einer schlechten Einweisung des Reinigungspersonals, weil es beispielsweise Sprachbarrieren gibt.

 

HEWI: Wie etablieren die Intuitionen ein Konzept für das Hygienemanagement? Was gibt es dabei zu berücksichtigen?

MARTIN CRAMER: Am Anfang steht für die Intuitionen und Unternehmen zunächst die Entscheidung, ob sie das Hygienemanagement mit eigenen Ressourcen aufbauen wollen. Es besteht die Möglichkeit, sich auch von einem Dienstleister begleiten zu lassen oder einen solchen zu nutzen, der für die Institution das Hygienemanagement komplett umsetzt. Nach dieser Entscheidung ist eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen. Dafür sind in der Regel neun Schritte nötig:

  1. Die Arbeitsbereiche sind festzulegen und die verschiedenen Tätigkeiten zu erfassen.

  2. Für diese Bereiche sind die Gefährdungen zu ermitteln.

  3. Die Gefährdungen sind anschließend zu beurteilen.

  4. Danach sind entsprechende Maßnahmen festzulegen.

  5. Diese Maßnahmen sind umzusetzen.

  6. Anschließend gilt es, die Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit zu prüfen.

  7. In regelmäßigen Abständen muss die Gefährdungsbeurteilung neu geschrieben werden, etwa, wenn eine neue Untersuchungsmethode eingeführt wird.

  8. Alles rund um das Hygienemanagement ist zu dokumentieren.

  9. Zu guter Letzt ist eine arbeitsbereichsbezogene Gefährdungsbeurteilung in allen Bereichen der Arztpraxis, der Klinik oder des Pflegeheims nötig.

Neben diesen Schritten lässt sich klar festhalten, dass für jede Praxis oder jede Klinik ein eigenes Hygienekonzept zu entwickeln ist. Maßgeblich dafür sind unter anderem das Infektionsschutzgesetz, die Empfehlungen der KRINKO vom RKI sowie die TRBA 250 – die Technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe. Diese geben den Stand der Technik der Arbeitsmedizin und Arbeitshygiene sowie sonstige gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse für Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen wieder. Je nach Risikoprofil der Praxis oder der medizinischen Institution gibt es Schutzstufen von Stufe 1 bis 4, wobei 4 die höchste ist. Ein Beispiel: Eine offene Lungentuberkulose fällt als Erkrankung in die Stufe 3. Das Labor, das das Material von den PatientInnen untersucht und vervielfältigt, fällt allerdings in die Stufe 4. Zu den Mindestschutzmaßnahmen gehören laut der TRBA 250 Handwaschplätze, die den folgenden Ansprüchen genügen müssen:  Den Beschäftigten sind leicht erreichbare Handwaschplätze mit fließend warmem und kaltem Wasser, Spendern für Hautreinigungsmittel, Händedesinfektionsmittel und Einmalhandtücher zur Verfügung zu stellen.

HEWI: Was können Unternehmen tun, um die Hygiene-Compliance zu verbessern?

MARTIN CRAMER : Das Wichtigste ist, für Mitarbeitende Gespräche mit Hygienefachpersonal anzubieten. Insbesondere, wenn offene Fragen bestehen. Interviews und Umfragen in der Mitarbeiterschaft sind oftmals hilfreich, um Herausforderungen in Bezug auf die Hygiene aufzudecken. Ebenso gut lassen sich spezielle Aktionstage zu der Thematik mit MitarbeiterInnenbeteiligung umsetzen. Wichtig sind auch interne Hygieneaudits. Testergebnisse, die wir beispielsweise von Schug Medical Service GmbH im Rahmen unserer Untersuchungen herausfinden, sollten im gesamten Team eruiert und besprochen werden. Ganz wichtig ist natürlich auch der Führungskreis, der das Thema auf dem Schirm haben muss und alle Mitarbeitenden dazu anleiten sollte. Dabei darf Hygiene niemals als Vorwurf verstanden werden. Es ist vielmehr eine stetige Weiterentwicklung von Prozessen mit dem Ziel, sich ständig zu verbessern. Natürlich können auch Sie als Hersteller viel Positives bewirken, indem Sie den Institutionen und Praxen geeignete Desinfektionsmittelspender anbieten. Diese sollten zur hygienischen Händedesinfektion in ausreichender Zahl vorhanden sein.

 

HEWI: Vielen Dank für das Interview, Herr Cramer!

 

Über die Schug Medical Service GmbH

Seit 2012 bietet die Schug Medical Service GmbH Fortbildungen und Beratungen für niedergelassene Ärzte sowie stationäre medizinische Einrichtungen an. Die Hygienefachfortbildungen sollen das medizinische Personal in die Lage versetzen, theoretisches und praktisches Wissen in ihrer Arbeit anzuwenden. Regelmäßige Auffrischungen sind essenziell, um Hygiene im Arbeitsumfeld sicherzustellen. Dabei steht nicht nur das Wohl der PatientInnen im Fokus, sondern auch das eigene Arbeiten ist deutlich sicherer. Die erfahrenen ReferentInnen von Schug Medical Service GmbH schulen jährlich über 4.000 TeilnehmerInnen. Außerdem unterstützt das Unternehmen unter anderem bei Lösungsansätzen für das Hygienemanagement, dazu zählen Hygieneaudits, die Erstellung eines einrichtungsspezifischen Hygieneplans mit sämtlichen Arbeitsanweisungen und den räumlich angepassten Reinigungs- und Desinfektionsplänen. Die Beratungsleistung wird komplementiert bis zur Bereitstellung eines Krankenhaushygienikers. Weitere Informationen unter: https://schug-medical-service.de/

 

 

 

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